ABRAXAS Augsburg, 10. November 2011
Es ist ja nun leider so, dass Augsburg nicht allzu oft Schauplatz für Flamenco-Auftritte ist. Aber was letzten Donnerstag im Abraxas geboten wurde, entschädigt für all die in den vergangenen Monaten nicht stattgefundenen Aufführungen. Und zwar ordentlich. Die Augen durften echten Flamenco sehen, die Ohren hatten währenddessen ihre akustische Freude.
Die Tänzerin Montserrat Suarez - eine Spanierin, die in München lebt und schon von Kindesbeinen an mit plantas y tacones vertraut ist - hat um sich eine Gruppe höchst authentischer Flamenco-Musiker versammelt, die sie sozusagen frisch aus Andalusien importiert hat.
Da wären Mawi de Cadiz, eine absolut coole Flamenco-Socke. Klein, schmal, flink und kraftvoll. Er hat es sich nicht nehmen lassen, an diesem Abend gleich zwei bedeutende Parts zu übernehmen: Tanzen hat ihm offenbar nicht gereicht, er hat auch noch gesungen. Und beides auf so überzeugendem Niveau und vorallem mit einer lässigen, fast schon frechen Selbstverständlichkeit, dass man nicht wusste, wann man all die "Eso es" rufen sollte, nach denen einem war...
Von Beginn an steigerte er sich kontinuierlich, er baute immer mehr Körperspannung auf, seine Stimme schien mehr und mehr mit dem Raum zu verschmelzen, seine Choreografien wurden immer freier, aufgeladener, impulsiver, präsenter. Er stellte einen echt gemeinten Kontakt zum Publikum her, ja er schien mit seinen Bewegungen förmlich zu rufen: "Schaut mich an, hier bin ich". Bis er sich am Ende selbst das Hemd aufknöpfte, um auf frivole Weise dem Publikum seinen Bauch samt Tattoo zu präsentieren. Aber in einer Weise, die keineswegs irritiert hätte, immer eingebaut in ein Geflecht aus versierten Zapateados und selbstsicheren Blicken.
Und als Gegenpart La Montse, bezaubernd, scheinbar unnahbar, souverän - sie bildete mit ihrer sehr verinnerlichten, manchmal verletzlich scheinenden Art zu tanzen den im Grunde perfekten Kontrast zu dem so sehr nach außen orientierten Mawi. Körperlich so zart, mit so kraftgeladenen Bewegungen hat sie die Bühne in ihrer ganzen Dimension genutzt und ganz mit ihrem tänzerischen Charisma ausgefüllt.
Und dann die Musiker, die den beiden den perfekten Hintergrund schufen: Der Gitarrist Alejandro Suarez, geschmeidig, unverkrampft und manchmal mit einer mutigen Nonflamenco-Spielart. Der Cajonist Adrian de Fabres, er und die Holzkiste - eine perfekte Einheit. Und dann noch der Cantaor José Fernández, der einfach spontan mit dazugestoßen ist, sich professionell als Palmero eingegliedert, aber Mawi selbstverständlich den sängerischen Vortritt gelassen hat.
Ein Gruppe, die so eingespielt und authentisch wirkt, als würden sie bereits seit Jahren gemeinsam auf der Bühne stehen. Dabei haben sie sich erst vor ein paar Monaten kennengelernt.
Und wie wir im Nachhinein erfahren haben, war der Großteil der Aufführung komplett improvisiert. Das ist doch ein Beweis dafür, dass es stimmt. Dass die Energie passt. Dass hier Leute zusammengetroffen sind, die wissen, was sie tun. Sie machen Flamenco. Jung, erfrischend, echt, spontan, berührend. Und nicht so, wie man meint, dass es sein müsste. Sondern so, wie sie meinen, dass es sein müsste. Und das wirkt.